19. Dezember 2013

Rechtsfolge einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung

BAG (Urteil. v 10.12.2013, 9 AZR 51/13)


Wenn der Verleiher die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG nötige Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) besitzt, begründet eine nicht nur vorübergehend erfolgende ANÜ kein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher. So jüngst das BAG (Urt. v 10.12.2013, 9 AZR 51/13); die Vorinstanz, das LAG Baden-Württemberg, hatte das noch genau anders gesehen (Urt. v. 22.11.2012, 11 Sa 84/12).

Die Frage war: Was ist die Rechtsfolge, wenn der in Umsetzung der Richtlinie 2008/104/EG („Leiharbeitsrichtlinie“, hier: RL) zum 1.12.2011 in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG aufgenommenen Formulierung, „Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend“, nicht entsprochen wird, d.h. die ANÜ nicht nur vorübergehend, heißt dauerhaft erfolgt? Darauf gibt nämlich weder die RL noch das AÜG eine Antwort.

Das BAG lehnt die von der Vorinstanz bemühte Analogie zu § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ab, wonach ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen gilt, wenn der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer deshalb unwirksam ist, weil dem Verleiher die nach § 1 AÜG nötige Erlaubnis zur ANÜ fehlt.

Die Vorinstanz hatte argumentiert: Mit der Neufassung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG habe der Gesetzgeber gezeigt, dass dauerhafte Überlassungen nicht von einer Erlaubnis erfasst sein sollen. Daher biete es sich an, dauerhafte – und deshalb erlaubniswidrige – ANÜ genau wie Fälle von ohne Erlaubnis erfolgender – und deshalb erlaubniswidriger – ANÜ zu behandeln, also § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG analog anzuwenden. Das gebiete die der RL konforme Auslegung (des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG) auch, da die RL die Mitgliedstaaten dazu verpflichte, Kettenüberlassungen durch wirksame Sanktionen zu verhindern, was am wirksamsten durch die Fingierung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer gewährleistet werde.

In der bisher nur vorliegenden Pressemitteilung (Nr. 73/13) teilt das BAG dagegen mit: Für die Analogie zu § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fehle es an einer (für jede Analogie) nötigen planwidrigen Regelungslücke, und außerdem überlasse die RL (vgl. Art. 10 Abs. 2) es gerade den Mitgliedstaaten, durch welche (wirksamen, angemessenen und abschreckenden) Sanktionen sie die Einhaltung der RL gewährleisten. So obliege die Wahl der Sanktion für Fälle dauerhafter ANÜ dem Gesetzgeber, nicht (vermittels einer Analogie) der Arbeitsgerichtsbarkeit.

Im aktuellen Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD findet sich zwar die Ankündigung das „vorübergehend“ des § 1 Abs. 2 Satz 1 AÜG zu einer (grundsätzlichen) Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten zu präzisieren. Dazu, was bei Überschreitung gelten soll, steht dort aber nichts.


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